Studiofotografie vs. Sportfotografie

In den letzten Tagen hatte ich aus gegebenen Anlass hier immer wieder zu einigen Sportveranstaltungen geschrieben und auch so das eine oder andere Bild eingestellt. Daher möchte ich heute einmal die Gelegenheit nutzen um etwas allgemeiner zur Sportfotografie zu schreiben und eine Gegenüberstellung mit der klassischen Studio- oder “On Location-Fotografie” (Beauty, Fashion, Editorial) zu machen.

Diese beiden Ausrichtungen in der Fotografie haben es mir besonders angetan und dienen natürlich auch dem Gelderwerb… Doch auch nach Jahren in der Materie, bin ich manchmal immer noch überrascht, wie sehr unterschiedlich diese beiden fotografischen Gebiete sind. Um es vorweg zu nehmen: der Vergleich hat irgendwie etwas von dem Vergleich zwischen Birnen und Äpfeln. Um dennoch einen halbwegs schlüssigen Vergleich hinzubekommen, habe ich das Ganze mal in zwei verschiedene Bereiche unterteilt:

  • fotografische Arbeitsweise – wie entstehen die Bilder, und
  • technische Aspekte – was brauche ich eigentlich und wofür

Da die Gebiete jedes für sich schon genommen schon viel zu komplex sind, kann der Vergleich sicherlich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Er kann und soll vielmehr nur die Aspekte beleuchten, mit denen ich in meiner täglichen Arbeit konfrontiert werde und somit auch (vielleicht) eine Aussage dazu machen kann…

Fotografische Arbeitsweise

StudiofotografieSportfotografie

Obwohl sehr unterschiedlich ist beiden Gebieten gemein, dass es darum geht Ereignisse in mehr oder weniger künstlerischer Form im Bild festzuhalten. Beide haben ihre eigenen Reize und Herausforderungen!

Agieren – der Fotograf formt und bildet aktiv die gewünschte Szene. Dies geschieht z.B. durch die Wahl der Location, durch das Setzen des Lichts und durch das “dirigieren” des Modells.

Der Fotograf ist ein Hauptakteur und der Gestalter!

Reagieren – die Sportfotografie ist eine Art der Pressefotografie in der es darum geht, das Zeitgeschehen unverfälscht und wahrheitsgemäß im Bild festzuhalten.

Der Fotograf ist Beobachter und kann nur auf das Geschehen reagieren ohne die Möglichkeit zu haben aktiv einzugreifen (Stichwort: Pressekodex).

Gelingt ein Bild nicht beim ersten Anlauf, kann es einfach und beliebig oft wiederholt werden – so lange bis es stimmt!

Der Fotograf sollte vor der eigentlichen Aufnahme schon eine Vorstellung vom Ergebnis haben.

Ein Bild gibt es nur einmal! Ist man zu langsam oder verpasst die Szene, ist es unwiederbringlich verloren.

Geschwindigkeit, Reaktionsvermögen und vor allem auch ein Gespür für das Geschehen sind elementar wichtig.

Wie immer sollte der Fotograf sein Arbeitsmittel kennen und beherrschen. Dennoch hat er zwischen den Aufnahmen Zeit Dinge wie Blende, Verschluss, Lichtsetzung etc. in Ruhe zu überprüfen und zu korrigieren.Der Fotograf muss seine Kamera blind beherrschen und in der Lage sein, selbst während einer Serienaufnahme blind Einstellungen zu modifizieren. Zeit zum herum sinnieren und überlegen bleibt da nur sehr wenig!
Der Fotograf sucht sich seine Location die zur gewünschten Bildaussage passt. Bei seiner Wahl ist er absolut frei in seiner Entscheidung. Nur seine Vorstellung und sein Budget bestimmt den Ort.Der Fotograf darf i.d.R. nur an zuvor (z.B. durch den Veranstalter) festgelegten Orten fotografieren. Diese sind aber meistens dort, wo man das Wesentliche der Sportart festhalten kann.

Der wirkliche Nachteil ist aber, dass alle anderen Kollegen auch mehr oder weniger die selben Bilder haben und es für einen außenstehenden Betrachter so aussieht, als ob die Fotografen alle “aufeinander sitzen” würden.

Bilder können und werden bei der Nachbearbeitung am Computer beliebig künstlerisch nachbearbeitet oder verfremdet.Bilder werden maximal in der Belichtung, im Weißabgleich oder in der Wahl des Ausschnitts verändert (Stichwort: Pressekodex)
Die Bildaussage oder Bildstimmung wird durch das Zusammenstiel aus Licht, Location, Modell und Nachbearbeitung bestimmt.Die Bildaussage wird durch den Moment (oder den Augenblick der Aufnahme) bestimmt.

Technische Aspekte

 StudiofotografieSportfotografie
Licht & Belichtungkann man beliebig setzen und den eigenen Ansprüchen und Anforderungen nach formenman muss mit dem leben was vorhanden ist, da Blitzen oftmals nicht erlaubt ist oder auch die Bildaussage negativ beeinflusst
Stativkann man nutzen – muss man aber nicht. Je nach eigenem Geschmack und Arbeitsweise! Wenn man ein Stativ verwendet, wird dies meistens ein klassisches Dreibein sein.wenn man lange Brennweiten verwendet kommt man um die Benutzung eines Einbeinstativs nicht herum. Ein Dreibeinstativ ist denkbar ungeeignet, da es den Fotografen in seinem Bewegungsspielraum und seinem Reaktionsvermögen zu sehr einschränkt.
ISOmeist sehr gering zwischen 50-200 ISOmeist sehr hoch >400 ISO und oft auch bis 3200 oder 6400 ISO (besonders in schlecht beleuchteten Hallen)
Stichwort: “available light”
Verschlusszeitenwird meistens durch die Blitzsynchronzeit limitiert und beträgt somit nur sehr selten weniger als 1/250 secwenn man nicht gerade “featured” oder Mitzieher macht, ist die Verschlusszeit durch die Geschwindigkeit der Sportart “vorgegeben” und somit oft sehr gering. 1/500 sec – 1/2000 sec oder noch weniger sind normal und keine Seltenheit
Objektivemeistens im Bereich von 35mm (für Ganzkörper oder komplexe Szenen) bis 200mm (für Portraits).
Wenn man nicht unbedingt ganz offenblendige Aufnahmen machen will genügen auch Optiken mit einer Blende von f/3.5 oder f/5.6
da das Geschehen meist relativ weit weg stattfindet und man nicht näher rankommt ist die Verwendung von Objektiven >200mm unerlässlich.
Die meisten Sportfotografen fotografieren daher auch meist mit Optiken von 400mm bei f/2.8 oder 500mm bei f/4 (siehe Licht und ISO). Auch Telekonverter werden gerne mal benutzt.
Die Wahl des Objektives hängt selbstverständlich maßgeblich von der Sportart ab.
KameraVollformat mit einer möglichst großen Auflösung für viele Details.Vollformat (FX) um nachträglich gut Ausschnitte wählen zu können und eine Kamera mit einer möglichst hohen Bildrate (z.B. Nikon D3 mit 9 bzw. 11 Bildern/sec).
Nachteil von FX-Sensoren ist jedoch, dass man jetzt wieder mit 400/500mm Objektiven unterwegs sein muss, wo beim DX-Sensor durch den Verlängerungseffekt auch ein 300mm Objektiv genügt hat.
Aufnahmewenige einzelne Bilder in der man die Szene immer wieder optimiert (und auch auf das Wiederaufladen der Blitze “wartet”)viele bis sehr viele Aufnahmen (oft in Serie) um eine möglichst große Auswahl zu haben um DEN Moment auch wirklich einzufangen. Mehrere 1.000 Aufnahmen in kürzester Zeit sind keine Seltenheit.
Aufnahmeformatzumeist RAW um in der Nachbearbeitung den meisten Spielraum zu haben. Für die Nachbearbeitung hat man i.d.R. jede Menge Zeit.RAW – wenn man sich z.B. mit dem Weißabgleich nicht so sicher ist (wechselndes Licht) oder wenn man nachträglich noch nachbelichten möchte (extrem dunkle Halle). Der Nachteil ist jedoch, dass sich die Bearbeitungszeit ziemlich stark verlängert.
JPEG – wenn man sich über das Ergebnis ziemlich sicher ist und es nach der Aufnahme schnell gehen muss (Stichwort: Senden der Bilder an die Agentur)
Kostendie größten Kosten entstehen bei der Beschaffung einer vernünftigen Blitzanlage. Eine Kamera braucht man eigentlich nur sehr selten ersetzen und es muss auch nicht immer das Topmodell sein. Laufende Kosten entstehen meistens durch das Studio (Miete) und die Beschaffung von Requisiten. Hinzu kommen dann noch Gelder für Modells und Visagisten.der größte Kostenblock liegt in der Fotoausrüstung. Kameratechnisch tut sich in den letzten Jahren recht viel, besonders in Bezug auf Geschwindigkeit und Rauschverhalten. Also kann man davon ausgehen, dass eine neue Kamera (meistens das aktuelle Flaggschiff) alle zwei Jahre angeschafft wird. Dies wird auch oft schon allein durch die extrem hohen Auslösungen notwendig. Zudem kommen die Kosten für die Objektive hinzu. Besonders im Supertelebereich bewegen sich die Preise leider im hohen 4 bzw. 5-stelligen Bereich. Dafür hat man dann aber fast keine laufende Kosten…

Wie Eingangs erwähnt ist diese Gegenüberstellung beliebig ausbaufähig und vielleicht hat der eine oder andere von Euch noch einen weiteren Punkt für die Liste. Nur zu, ich freue mich auf Eure Kommentare!

Zum Schluss bleiben vielleicht noch die Fragen: “Was ist schöner zu fotografieren?” oder “Was macht mehr Spaß oder fordert mehr?”. Die Frage kann ich nicht wirklich beantworten! Dafür bin ich einfach nicht qualifiziert. Die Antwort hier muss wohl jeder für sich selbst finden.

Ein schönes Studio- oder “on Location”-Bild zu machen kann und ist genauso befriedigend wie ein fantastisches Sportbild aufzunehmen bzw. sich an den Moment des “dabei gewesen seins” zu erinnern. Beide Bereiche der Fotografie haben ihre eigenen Herausforderungen und sind meiner Meinung nach gleichbedeutend.

Eine Antwort zu “Studiofotografie vs. Sportfotografie”

  1. Klasse Gegenüberstellung

    Hi,

    das ist ja schon eine super Zusammenstellung, die es gut auf den Punkt bringt. !

    Hier ein Beispiel, wo Studiofotografie und Sportfotografie zusammenkommen: http://de.sevenload.com/sendungen/Fototv-de-Das-Foto-Fernsehen/folgen/FTbyTv6-Auf-die-Plaetze-Fertig-Shoot

    LG MArc